In diesem IO HAWK Exit Cross Test verraten wir dir, was der Offroad-King unter den E-Scootern wirklich kann:
Es ist ein Gefühl der Erfüllung, als es endlich an der Tür klingelt. Über drei Monate habe ich gewartet, verfolgt und gehofft. Jeden Tag habe ich die Google News Seite aktualisiert, um nachzugucken, ob es Neuigkeiten bezüglich der Straßenzulassung für E-Scooter, oder über den Auslieferungszeitraum meines Geräts der Begierde gibt.
Dann endlich ist es soweit. Ich habe eine Mail bekommen, dass mein IO Hawk Exit Cross auf dem Weg zu mir ist – und zwischen 11 und 15 Uhr eintreffen wird.
Ich öffne die Tür. Der DPD Bote erklimmt hechelnd die letzten Stufen. „Verdammt schwer, der Prügel!“ erklärt er. „Ham se so nen Roller-Teil bestellt?“ Ich antworte stolz: „Ja, ist das erste Modell mit Straßenzulassung!“ Er nickt zustimmend und kehrt um – vermutlich mit dem Gedanken „na toll, wenn datt erst datt erste Teil is, muss ich bald noch mehr so Prügel schleppen…“
Die Versicherungsplakette liegt bereits zu Hause. In weiser Voraussicht hat IO Hawk mir bereits ein paar Tage vorher die Fahrzeugidentifikationsnummer zukommen lassen, damit ich sofort losdüsen kann.
IO Hawk Exit Cross Test: Das Unboxing
Also ran an den Schinken. Ich mache behutsam die Verpackung auf. Mir fällt direkt auf: Viel Styropor, aber auch einige Tütchen. Ich muss also erstmal basteln. Und das ist leichter gesagt als getan. An vielen Stellen sind nervige Klebestreifen, die ich erstmal abziehen muss und die unschöne Klebereste an den Griffen und am Roller hinterlassen. Die Aufbauanleitung ist sehr unausführlich – ich muss also auf die dort erwähnte Service-Internetseite zurückgreifen.
„Der Zusammenbau von einem Exit Cross dauert in der Fabrik in China nur 85 Sekunden!“ Erinnere ich mich an ein Instagram Video, das IO Hawk Europe auf ihrem Kanal vor einigen Tagen veröffentlicht hat. „Die hätten sich mal lieber doppelt so viel Zeit nehmen, und das Ding fahrbereit zusammenschrauben sollen…“ denke ich mir.
Die Videos der Service-Seite sind leider auch nicht besonders ausführlich. Außerdem kann man die kleinen Videos nicht vergrößern. Kundenfreundlich geht anders.
Nach einer Dreiviertelstunde schrauben und ausprobieren steht dann alles. Mir ist ein wenig warm. Aber ich bin froh, es jetzt geschafft zu haben. Dennoch sieht das Endergebnis eher unbefriedigend aus:
- Die Bremskabel hängen aus einem scharfkantigen Spalt, der sie mit der Zeit sicher aufschneiden wird (und sind mit schwarzem Tape umwickelt, das sich sicher mit der Zeit lösen wird).
- Lampen sind von außen drangeschraubt – und sehen auch wie nachträglich erst genehmigt und hinzugefügt aus.
- Das Nummernschild wird von zwei Schrauben mit Muttern gehalten, die sich auf dem Berliner Kopfsteinpflaster bestimmt schnell lösen werden.
- Das raue Grip-Pad für einen sichereren Stand wurde in der Fabrik nicht bündig aufgeklebt – und steht nun über (siehe Foto)
Alles eher unschön und für den Early-Adopter Preis von 1.100€ hätte ich durchaus mehr erwartet. Selbst der Iconbit ik-1969k für rund 300€ sieht da deutlich fertiger aus.
IO Hawk Exit Cross Test: Die technischen Daten
Aber nun gut. Probieren wir mal, ob es der Fahrspaß wieder wett macht. Die technischen Daten versprechen auf jeden Fall viel:
- Ein kraftvoller 500 Watt Hinterradmotor ermöglicht bis zu 20 Grad Steigung.
- 10 Zoll, luftgefüllte Offroad Reifen zum Fahren auf jedem Untergrund bieten genügend Grip – auch bei nasser Fahrbahn.
- Reichweite: 30 km (10.4 Ah Batterie) oder 48 km (15.6 Ah Batterie).
- Der IO Hawk Exit-Cross ist fast komplett aus Aluminium gefertigt.
- Maximalgeschwindigkeit (wie bei allen in Deutschland zugelassenen Scooter) 20 km/h.
- Akku: Lithium Ionen 48V 10,4 ah (499,2Wh) oder 15,6 ah (748,8 Wh).
- Ladezeit: Schnelllader 110V-240V 50-60HZ, 5-6 Stunden mit 15 Ah Akku, ca 4-5 Stunden mit 10.4 Ah Akku.
- Starke Stoßdämpfer vorne und hinten, die fast alle Bodenunebenheiten ausgleichen und sogar Sprünge ermöglichen.
- Bremsen: Zwei mechanische Scheibenbremsen von Wuxi (vorne und hinten).
- Blinker, vorne am Lenker, sorgen für Sicherheit mit einfacher Bedienung am Lenker. ( Blinker werden ca. Januar 2020 nach Zertifizierung ausgeliefert)
- Der eScooter wiegt 19.8 kg. Ein Tragegurt zum Tragen über die Schulter ist inklusive.
- Die Trittfläche vom IO Hawk Exit Cross ist fast doppelt so breit wie bei herkömmlichen Scootern. So hast Du maximalen Halt und kannst auch bei Bedarf deine Füße problemlos auch nebeneinander positionieren.
Die Daten machen also schon einmal Freude auf mehr. Der Motor gehört zu den stärksten, die Reifen sind sogar für Sand nutzbar und auch die Stoßdämpfer machen einiges her, sodass auch das Berliner Kopfsteinpflaster nicht allzu sehr auf die Knie gehen sollte. Darüber hinaus verspricht auch die Akkukapazität lang anhaltenden Fahrspaß.
Also raus auf die Straße:
IO Hawk Exit Cross Test: Der Alltagstest
Kopfsteinpflaster, Spielplatzsand und Waldweg. Ich möchte den Exit Cross so richtig auf den Zahn fühlen. Zuallererst muss ich das Gerät jedoch aus dem zweiten Stock nach unten tragen. Jetzt verstehe ich, warum der Postbote so geflucht hat.
Der Exit Cross ist nicht nur relativ unhandlich zu tragen (ohne den optisch nicht ganz so schönen Tragegurt), er wiegt außerdem auch verdammt viel (und ich würde mich doch schon als Herkules-artig stark bezeichnen, Anm. d. Authors).
Als ich es dann geschafft habe bin ich glücklich und gespannt. Ich steige auf den Roller, beginne zu treten, drehe am Gasgriff (ja, es gibt keinen Gasknopf, wie bei den bekannten Modellen der Sharing-Anbieter) und es passiert – nichts. Bestimmt drei Sekunden lang muss ich warten, bis der Scooter, der dank seines Gewichts und seiner Reifen eh schon relativ schwer anzuschieben ist, sich bewegt. Das wirkt unschön und ist eine eindeutig zu lange Verzögerung der Gasannahme.
Dann jedoch haut es mich fast runter. Die 500 Watt des Motors ziehen ruckartig an und das Adrenalin steigt in meine Venen. Das ist mal ein Antritt. So etwas kennt man von bestehenden Sharing-Scootern definitiv nicht. Doch dann:
Nichts mehr. Der Scooter zeigt 20 km/h auf seinem Display an und die Drosselung kickt ein. Aufgrund des starken Motors wirkt es jedoch nicht wie eine normale Drosselung. Es ist vielmehr, als würde man mit angezogener Handbremse fahren.
Unbefriedigend.
Darüber hinaus wirkt es außerdem, als würde die Drosselung bereits vor dem Erreichen der 20 km/h einsetzen. Ich hole also das GPS-Speed Messgerät raus. Und tatsächlich. Der Scooter drosselt mich auf 17 km/h runter. Schneller wird’s nicht. Sehr sehr ärgerlich.
Und als sei ich nicht schon bedient genug, werde ich auch noch von drei Berliner Hipster auf ihren Lime-Rollern überholt.
Nun gut. Ich gehe davon aus, dass dieses Problem mit der nächsten Überarbeitung behoben wird. Deshalb konzentriere ich mich weiter auf meinen Test.
Beim Kopfsteinpflaster dann die Bestätigung. Gute Federung ist das A und O. Tatsächlich gleitet der Exit-Cross fast schon über die römisch-germanisch anmutenden Kutschenwege, die mir mit dem ein oder anderen Scooter durchaus schon Knieprobleme bereitet haben. Ein Riesen Plus für den Exit Cross.
Auch Steigungen auf dem Waldweg und Hügel bereiten dem IO Hawk Exit Cross keine Probleme. Selbst im Sand des Spielplatzes kommt der Scooter zurecht, auch wenn ich ihn dort nicht allzu lange fahren möchte. Scheibenbremsen sind schließlich ein empfindliches Gut.
Zurück auf der Straße kommt jedoch eine Ampel. Ich ziehe die rechte Bremse. Dabei den Gasgriff loszulassen ist aufgrund des Grips sehr schwer, und ich lege mich fast hin, weil der starke Motor mich überrumpelt. Die Entscheidung, anstatt eines Knopfes einen Gasgriff bei einem E-Scooter zu verwenden, kostet mich fast ein paar Schrammen. Praktikabel geht anders.
Auch in anderen Situationen, in denen ich bremsen muss, kommt es zu Problemen. Die späte Gasannahme führt dazu, dass ich nach einer Bremsung nicht direkt weiterfahren kann, was immer wieder in riskanten Manövern mündet.
Und als wäre ich noch nicht bedient genug, fällt plötzlich das Nummernschild ab. Ich hatte mir schon gedacht, dass so etwas passieren würde. Zwei Schrauben mit Muttern reichen für die Schlagloch-durchzogenen Straßen der Hauptstadt nicht aus.
Ich packe zusammen, fahre wieder nach Hause und montiere den Scooter auseinander. Schon bei der Geschwindigkeitsdrosselung wurde ich mir bewusst, dass ich den Scooter vielleicht zurückschicken würde. Am Ende komme ich einfach nicht drum herum.
Zu unausgereift wirkt das Gefährt. Zu schwer, zu unhandlich, zu schnell auf den Markt gebracht. Man wollte um jeden Preis Erster sein. Das ging leider zu Lasten der Qualiität.
Das Fazit zum IO Hawk Exit Cross
Der Ansatz des IO Hawk Exit Cross ist toll. Gute Materialien, viel Power, guter Akku, tolle Bremsen und Stoßdämpfer. Die Umsetzung ist jedoch zu unausgereift. Da wirken selbst deutlich günstigere Modelle wie der Fischer Ioco 1.0 durchdachter.
Ich werde den Exit Cross erneut testen. IO Hawk hat bereits angekündigt, ihn stark überarbeitet zu haben. Es ist quasi der HUMMER unter den E-Scootern und das Konzept passt eigentlich für meine Bedürfnisse. Das erste Modell bekommt jedoch lediglich das Prädikat „stets bemüht“.
Ich vergebe auch aufgrund des hohen Preises eine Gesamtbewertung von lediglich 51%.
Update: IO Hawk hat am 27.10. verkündet: „*NEU*Wir haben den Exit Cross noch besser gemacht und in der Version 1.6 die Gasannahme optimiert, sowie das Kabelmanagement, das Schutzblech nochmals stärker gemacht und die Stoßdämpfer verbessert“
Alle E-Scooter mit Straßenzulassung im Vergleich findest du hier: E-Scooter mit Straßenzulassung
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