Mit dem M365 hat Xiaomi einen der erfolgreichsten E-Scooter produziert. Allerdings durfte das Modell durch den Erlass der Elektrokleinstfahrzeuge Verordnung (eKFV) nicht mehr im Straßenverkehr bewegt werden.
Nach mehr als einem halben Jahr hat der chinesische Elektronikkonzern nun neue E-Scooter mit einer Straßenzulassung veröffentlicht, den Xiaomi Mi Scooter 1S und den E-Scooter mit einer Straßenzulassung veröffentlicht, den Xiaomi Mi Scooter Pro 2.
In diesem Testbericht haben wir uns den Mi Scooter 1S genauer angeschaut und zeigen euch, ob sich der Kauf wirklich lohnt.
Nostalgie beim ersten Hands-on
Ein kurzes Wort zu meiner Vorgeschichte. Den ersten E-Scooter, den ich jemals gefahren bin, hat sich einer meiner Arbeitskollegen gekauft – es handelte sich um den Mi Scooter M365. Eigentlich wollte ich das Modell nur testen, um sicherzugehen, dass ich keinen E-Scooter brauche. Nur wenige Wochen später habe ich mir ebenfalls den Mi Scooter M365 gekauft. Inzwischen fahre ich zwar ein anderes Modell, doch die positive Erinnerung bleibt.
Dementsprechend war ich auch beim ersten Hands-on im lokalen Media Markt mehr als begeistert. Der Mi Scooter 1S sieht fast so aus wie der M365. Lediglich der Kennzeichenhalter am Schutzblech fällt auf den ersten Blick ins Auge. Zusätzlich hat Xiaomi jetzt ein digitales Tacho verbaut.
Die Verpackung wirkt recht durchdacht. Auf dem Kart svon befindet sich eine kleine Betriebsanleitung. Im Inneren des Kartons befindet sich eine Anleitung, der E-Scooter, eine Tüte mit Schrauben, das Ladegerät und ein Ersatzreifen – hier sollten sich andere Hersteller eine Scheibe abschneiden. Der Zusammenbau des Xiaomi Mi Scooter 1S geht ebenfalls einfach und schnell von der Hand. Es muss lediglich der Lenker mit vier Schrauben fixiert werden. Anschließend muss die mobile App von Xiaomi auf einem Smartphone heruntergeladen werden, um das Gerät zu koppeln. Bis die Koppelung abgeschlossen ist, gibt der Mi Scooter 1S einen Signalton von sich. Bei mir ist das Pairing mehrmals fehlgeschlagen, sodass ich froh war, als der Signalton endlich verstummte – gleiches galt für meine Freundin, die sich bereits lauthals beschwert hat.
Positiv fällt im ersten Moment das vergleichsweise geringe Gewicht von nur 12,5 kg auf. Auch die Verarbeitung wirkt für den Preis gut. Die Reichweite von 30 km sollte im Alltag mehr als ausreichend sein. Besonders cool ist das Display, welches die Geschwindigkeit und die Fahrstufe anzeigt. Doch nun kommen wir zu den technischen Daten des Xiaomi Mi 1S.
Die technischen Daten vom Xiaomi Mi Scooter 1S
Auf dem ersten Blick sind die technischen Daten vom Xiaomi Mi Scooter 1S sehr vielversprechend. Die Geschwindigkeit liegt bei 20 km/h und liegt somit im Bereich des Erlaubten. Das Eigengewicht von 12,5 kg macht diesen E-Scooter zu einem leichten Alltagsbegleiter. Auch die Reichweite von 30 km ist vielversprechend. In Kombination mit den 8,5 Zoll großen Luftreifen verspricht dieser E-Scooter einen hohen Fahrkomfort.
Der Chassis ist zu einem Großteil aus Aluminium gefertigt und verspricht eine hohe Stabilität. Allerdings ist das Trittbrett leicht gummiert und im Vergleich zu meinen letzten E-Scootern vergleichsweise klein. Dies ist mir im Xiaomi Mi Scooter 1S Test auch negativ aufgefallen, denn ich konnte fast zu keinem Zeitpunkt eine bequeme Position für meine Füße finden – und Schuhgröße 42,5 ist für einen Mann vergleichsweise klein.
Beim genaueren Blick auf die Spezifikationen ist mir auch aufgefallen, dass Xiaomi die maximale Reichweite mit einem Stern (*) versehen hat. Die Einschränkung lautet:
„Der Akku wurde im voll geladenen Zustand überprüft: bei 75 kg Traglast und 25°C, Windstille und auf einer ebenen Straße im Fußgängermodus bei konstanter Geschwindigkeit von 15 km/h.“
Worauf ich hinaus will ist klar, bei einer Akkukapazität von nur 7,65 Ah erscheint eine Reichweite von 30 km utopisch.
Positiv fallen dahingegen andere Faktoren, etwa der Klappmechanismus und der gesamte Aufbau des E-Tretrollers auf. Hier haben die Entwickler auf einen logischen und smarten Aufbau geachtet. Auch der E-Motor, der 300 W leistet, befindet sich an der Vorderachse. Zeitgleich fungiert der Motor auch als elektronische Bremse. Der Vorteil dieses Ansatzes: Der Motor kann die kinetische Bremsenergie in elektrische Energie umwandeln und somit die maximale Reichweite verbessern. Auch die unterschiedlichen Geschwindigkeitsstufen sind sinnvoll und praktisch im Alltag.
Das digitale Display kann ebenfalls überzeugen. Allerdings benötigen Nutzer zusätzlich die App, die deutlich detaillierter ist und somit die bessere Wahl für Infos zum E-Scooter.
Xiaomi Mi Scooter 1S im Test – Verarbeitung und Design
Auf dem ersten Blick wirkt der Xiaomi Mi Scooter 1S wie sein Vorgänger, der Xiaomi Mi Scooter M365. Der offensichtlichste Unterschied zwischen den beiden Modellen besteht in der Straßenzulassung. Doch auch auf den zweiten Blick offenbaren sich einige optische Unterschiede. Hierzu gehört etwa das Schutzblech, das Display und Reflektoren an den Seiten des E-Scooters. Außerdem gibt es den Mi Scooter 1S zum aktuellen Zeitpunkt nur in schwarz – das beliebte weiß fehlt bisher.
Ansonsten hat sich optisch nicht sonderlich viel getan. Dementsprechend gibt es für Besitzer des M365 kaum etwas zu bemängeln. Da wird jedoch E-Scooter miteinander vergleichen und in diesem Zuge gleich mehrere Modelle direkt miteinander vergleichen können, müssen wir hier auch auf einige Schwächen eingehen.
Einerseits wirken die Griffe des Mi Scooter 1S etwas billig und nicht sonderlich ergonomisch. Das Daumengas ist jedoch gut platziert und lässt sich recht gut dosieren. Die Bremsgriffe haben bei unserem Testmodell etwas gewackelt und beim Fahren geklappert. Auch die matte Lackierung an der Lenkstange war nicht sonderlich gut. Hier konnten wir Blasen im Lack finden – dieses Problem gab es beim Mi Scooter Pro 2 nicht. Die Beleuchtung hat Xiaomi gut integriert. Der Lichtkegel an der Vorderachse war ebenfalls gut und konnte mich im Test überzeugen.
Das Trittbrett ist solide verarbeitet, bietet allerdings nur wenig Aufstellfläche. Dafür ist das Modell kompakt und gut für den urbanen Verkehr. Das hintere Schutzblech ist aus hartem Plastik und beinhaltet die LED und verfügt über einen Platz für das Versicherungskennzeichen. Die Bremse unseres Testmodells hat bereits nach der Lieferung etwas geschliffen. Mit etwas Feinjustierung ließ sich dies aber schnell beheben.
Insgesamt überzeugt der Mi Scooter 1S mit einer soliden Verarbeitung und einem gewohnten Design. Allerdings unser Testmodell über einige Mängel, welche der deutlich teurere Mi Scooter Pro 2 nicht besaß. Wir geben dem Mi Scooter 1S eine befriedigende Bewertung mit 74 % in diesem Bereich.
Alltagstauglichkeit und Portabilität im Test
In Sachen Alltagstauglichkeit kann das Modell aus dem Hause Xiaomi durchaus überzeugen. Der erste große Pluspunkt ist das geringe Gewicht von gerade einmal 12,5 kg. Zudem fällt der Mi Scooter 1S vergleichsweise kompakt aus. Im ausgeklappten Zustand misst das Modell 108 x 43 x 114 cm. Sobald das Modell zusammengeklappt ist, reduziert sich die Höhe von 114 cm auf nur noch 49 cm. Dementsprechend sind die Maße auch identisch zum alten M365.
Besonders gut war der Transport des zusammengeklappten E-Scooters. Weder in der Bahn, noch im Bus oder im Treppenhaus gab es Probleme aufgrund eines zu behäbigen E-Scooters. Negativ fiel uns allerdings der Klappmechanismus an der Klingel auf. Am Schutzblech befindet sich ein kleiner Haken. Der Klingelgriff ist eine Art Öse und lässt sich am Haken fixieren. In der Theorie ist das eine gute Idee. Ob dies allerdings langfristig Spaß macht, bleibt abzuwarten.
Behäbiger Antrieb beim Xiaomi Mi Scooter 1S
Für mich ist der Antrieb des 1S eine kleine Enttäuschung. Der E365 schaffte in der Vergangenheit mehr als 25 km/h und konnte auf diese Art überzeugen. Beim Mi Scooter 1S, der erste Tretroller von Xiaomi mit einer Straßenzulassung, ist dies nicht mehr der Fall.
Die erlaubte Geschwindigkeit von 20 km/h konnte unser Testmodell nur nach längerer Zeit erreichen. Laut GPS sind wir meistens zwischen 17 und 18 km/h gefahren.
Besonders ärgerlich sind Strecken mit leichten Steigungen, hier reduziert der Motor recht schnell seine Geschwindigkeit. Deutlich besser gefällt uns hier beispielsweise der ePF1 von ePowerFun oder #HMBRG von THE-URBAN.
Ein etwas anderes Thema rund um den Antrieb sind die verschiedenen Fahrmodi. Im ersten Modus kann der Mi Scooter 1S maximal 5 km/h fahren. Im D-Modus, hier erfolgte auch der Reichweitentest von Xiaomi, beträgt die maximale Geschwindigkeit 15 km/h. Schlussendlich ist der S-Modus, jener Modus, der von den meisten Fahrer gewählt werden dürfte. Hier konnten wir auf dem Display die avisierten 20 km/h ablesen. Die Differenzierung in Gängen ist ok, obwohl dies im Alltag wohl kaum einen wirklichen Nutzen bringt.
Des Weiteren gibt es einen Punkt, der mich wirklich beim Antrieb des Xiaomi 1S stört – die Geräuschkulisse. Bei keinem andere E-Scooter konnten wir in der Vergangenheit ein so starkes Surren wie beim Xiaomi wahrnehmen. Schon beim Start hört sich dieser Antrieb einfach überfordert an. Hier sollte der Hersteller dringend mit einer neuen Firmware gegensteuern.
Gemische Gefühle beim Federungskomfort
Kommen wir nun zum Federungskomfort. Mithilfe von 8,5 Zoll Luftreifen möchte Xiaomi ein Maximum an Federungskomfort gewährleisten. Ein separates Fahrwerk mit einer Federung wurde nicht verbaut. Allerdings zeigt sich, dass die Luftreifen durchaus eine Nummer größer ausfallen dürften, denn Schläge und Unebenheiten werden direkt an den Fahrer weitergegeben.
Im direkten Vergleich zum gleichteuren TREKSTOR e.GEAR EG40610 verliert der Xiaomi 1S klar. Doch auch der Fischer ioco 1.0 schlägt sich, trotz der Gummibereifung, deutlich besser. Vergleichen wir die Federung jedoch mit anderen Mittelklassemodellen, etwa dem SoFlow SO2, dann schlägt das Modell von Xiaomi deutlich besser. Auf dem täglichen Arbeitsweg hat sich das Modell gut geschlagen, nur bei Unebenheiten war eine gebeugte Haltung besser, um Stöße zu vermeiden.
Xiaomi setzt bei den Bremsen des Mi Scooter 1S auf Rekuperation
Der Xiaomi Mi Scooter 1S verfügt über zwei separate Bremsen. Am Hinterrad befindet sich eine mechanische Scheibenbremse, die wirklich gut zugreift und den E-Scooter innerhalb weniger Sekunden zum Stillstand bringt. An der Vorderachse befindet sich die elektrische Bremse.
Die Verzögerung der elektrischen Bremse ist etwas gewöhnungsbedürftig. Zu Beginn verzögert diese etwas stärker. Allerdings wird die Bremskraft mit abnehmender Geschwindigkeit immer geringen, sodass bei einer Gefahrenbremsung stets beide Bremsen zu verwenden sind.
Das wohl coolste Feature der Bremsen ist jedoch die Rekuperation. Über die Xiaomi Home App können die Anwender einfach die Rekuperationsstufe einstellen. Das bedeutet, dass der Motor automatisch bremst, sobald kein Gas mehr gegeben wird. Insbesondere neue E-Fahrzeuge nutzen dieses Verhalten, um ein bremsenloses Fahren zu ermöglichen und zeitgleich die kinetische Bremsenergie in Form von elektrischer Energie im Akku zu speichern. Doch nicht nur die eigenständige Verzögerung des E-Scooters, sondern auch über die Betätigung der Vorderradbremse sorgt für die intelligente Energierückgewinnung.
Akku und Reichweite beim Mi Scooter 1S
Die Daten von Xiaomi sind wirklich beeindruckend, denn eine Reichweite von 30 km mit nur 7,65 Ah ist wirklich faszinierend. Allerdings zeigt das Sternchen hinter der Reichweitenangabe bereits, dass die Messung nicht bei Höchstgeschwindigkeit erfolgte.
Dementsprechend haben wir das Modell kurzerhand aufgeladen und bis zur Komplettentladung des Akkus gefahren. Die versprochenen 30 km konnten wir nicht erreichen, doch immerhin 21,2 km standen am Ende auf dem Papier. Für nur 7,65 Ah ist das kein schlechter Wert und für 90 % der Kaufinteressenten mehr als ausreichend. Allerdings haben wir den Xiaomi 1S vorwiegend auf Landstraßen und Radwegen gefahren. Die Reichweite im Stadtverkehr dürfte ebenfalls um die 20 km liegen. Dank Rekuperation lassen sich Wege bis zur nächsten roten Ampel zur Energierückgewinnung nutzen.
Etwas schade ist, dass der Akku nicht wechselbar ist. So muss der komplette Mi Scooter stets in die Wohnung oder das Haus getragen werden, um aufzuladen. Das macht Trekstor mit dem EG40610 deutlich besser.
Unser Fazit zum Xiaomi Mi Scooter
Kurz gesagt: Der Xiaomi Mi Scooter 1S ist ein wirklich guter E-Scooter und ein würdiger Nachfolger für den beliebten Mi Scooter M365.
Allerdings müssen wir auch ehrlich sagen, dass das Modell nicht wirklich besser als der Vorgänger ist. Zeitgleich hat die Konkurrenz nicht geschlafen, sodass es inzwischen bessere E-Scooter am Markt gibt.
Die Xiaomi App ist wirklich gut und ein guter Hub für alle Xiaomi-Produkte. Die Einstellungen, die hier vorgenommen werden können, sind auch wirklich gut und sinnvoll. Allerdings gibt es auch einige Nachteile, denn ohne App lässt sich der Scooter nicht bewegen – das kann nerven, wenn das Smartphone mal leer ist.
Ich persönlich muss sagen, dass ich mir den Xiaomi Mi Scooter 1S nicht kaufen würde. Zwar ist die Reichweite gut und das Gewicht von 12,5 kg bei der Reichweite definiert eine neue Benchmark, doch die Nachteile überwiegen für mich. Beispielsweise das Geräusch des Motors, der kurze Lenker, die schlechte Lackierung unseres Testmodells und der App-Zwang halten mich hier vom Kauf zurück.
Aus meiner Sicht ist der TREKSTOR EG40610 der bessere Deal zum gleichen Preis. Wer ein höheres Budget hat, der sollte einen Blick auf den ePF1 werfen. Das Modell hat uns vollends überzeugt und begleitet Max durch den Berliner Alltag. In unseren Angeboten findet ihr zudem einen 10 Euro Gutschein, falls ihr euch für den Kauf entscheidet.